Mehr als 15 Jahre lang hat sich Herbert Klee mit dem sagenhaften Stoff von „Tristan und Isolde“ beschäftigt. Er steht damit in einer langen Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht und in Literatur und Dichtung ebenso wie in der Musik und im Ballett ihren Ausdruck fand.
In einen Comic wurde der Stoff allerdings noch nie gepackt und auf Bayrisch gab es den „Tristan“ bislang auch nicht. Herbert Klee, der seinen Mitmenschen stets aufs Maul schaute und alles Menschliche und Unmenschliche mit spitzer Feder zu Papier zu bringen vermochte, konnte hier aus dem Vollen schöpfen.
Tristans Heimat liegt bei Herbert Klee im Oberland, ebenso Tintajol, wo der Großbauer Marke lebt, Tristans Herr und Brotgeber, der ihm, ohne dass er es darauf anlegen würde, zum Ver-hängnis werden wird.
Wenn Tristan mit seinem lebenslangen Begleiter Kurneval auf die Walz geht, verschlägt es ihn in die Gegend um Weilheim, ins Dachauer Land und in die Holledau und schließlich nach Franken. Dabei durqueren sie die Sparifankerlschlucht, Tristan kämpft mit einem Wolpertinger, lässt keine Wirtshausrauferei aus und übt sich im Fingerhakeln und Steinheben. Bei der Brautwerbung für Marke wird Isoldes Aussteuer auf einem Kammertwagen durchs Land gezogen und zur Hochzeitsfeier von Marke und Isolde treten die Goaßlschnoizer auf und die jungen feschen Dirndl bringen Bier in irdenen Steinkrügen und rauen Mengen herbei. Ein Zaubertrank ist die Ursache für die Unzertrennlichkeit der beiden Liebenden Tristan und Isolde, doch ihre Beziehung können sie nur im Verborgenen oder „vogelfrei“ ausleben. Erst im Tod sind sie wieder vereint.
Wie in der jahrhundertealten Romanvorlage sind in Herbert Klees bayerischem Tristan Abenteuer zu bestehen, Täuschungen und Enttäuschungen lösen sich ab, Pfiffigkeit und Durchtriebenheit, unendliches Glück und schließlich unsagbare Trauer.
Herbert Klee hat großen Spaß bei der Arbeit an dem Comic gehabt und ist dabei über sich hinausgewachsen: Über 500 einzeln gemalte und gezeichnete Szenenbilder sind entstanden, dazu verfasste er einen eigenen Text auf der Basis der mittelalterlichen Vorlage und erstellte das Layout für den 150-seitigen Band. Bis zur ISBN-Nummer, dem Klappentext und der Widmung des Comicbandes für seine geliebte Frau Leslie und Sohn Pablo hatte der Künstler alles für den Druck vorbereitet. Sein überraschender Tod im November 2023 ließ es nicht mehr zu, dass Herbert Klee den fertigen Comic selber veröffentlichen konnte. Seine Familie hat das Werk aus dem Nachlass nun herausgebracht.
„Für meine Bearbeitung des Epos „Tristan und Isolde“ habe ich neben diversen anderen Quellen vor allem den „Tristan“ von Eilhart von Oberg herangezogen. Er ist der einzige vollständige Tristan-Roman in mittelhochdeutscher Textüberlieferung. Er ist auf das Jahr 1170 datiert.
Das Faszinierende am weit über eine Heldensage hinausreichenden Werk Eilharts von Oberg ist die Tatsache, dass es nichts Geringeres als das Menschliche in all seinen Erscheinungsformen aufzeigt: menschliche Abgründe, Größe, Lug, Betrug, Hinterlist, aber auch Großherzigkeit, Erbarmen und Edelmut, also das gesamte Spektrum menschlicher Eigenschaften und Leidenschaften sind in Eilharts Roman enthalten. Die Akteure reagieren auf Vorkommnisse nach menschlichen Verhaltensweisen und letztlich ist keiner ein Held ohne Fehl und Tadel. Das ist wohl auch der Grund, warum der Stoff zu verschiedenen Zeiten die Vorlage für musikalische, künstlerische, literarische oder filmische Interpretationen abgab.
Ich erzähle die Geschichte in Bildern. Zwischentexte dienen dem besseren Verständnis komplexer Vorgänge und komplettieren den Fortgang der Handlung. Meine Version spielt im ländlich-bäuerlichen Milieu in Bayern. Um die Aktualität eingängig darzustellen, hole ich die Handlung aus dem Mittelalter in „die gute alte Zeit“ – wann immer das ist.“
Herbert Klee